Weshalb du Knurren nicht bestrafen solltest?

17.06.2024

Ich möchte euch hier eine sehr passende Geschichte weitergeben, die ich während meiner Zeit als Hundesitterin und meiner Ausbildung zur Hundetrainerin festgehalten habe:

"Odin, ein 6-jähriger Chihuahua ist jetzt schon seit 4 Tagen bei mir, während seine Besitzer im Urlaub sind. Zwei bis drei Kennenlern-Termine mit gaaanz viel positiver Verstärkung, Geduld und Vertrauensaufbau hat es gebraucht, bis sich Odin auch ohne Fraulis Anwesenheit sein Geschirr von mir an- und ausziehen lässt. Nach zwei Nächten bei mir macht es sich Odin nun gerne auf meinem Schoß bequem und kann die Streicheleinheiten genießen...

Das Bild stammt jedoch von seinem ersten Aufenthalt bei mir - die Tasche kennt er als Transportmittel und sucht darin Sicherheit. Die Augen sind aufgerissen, die Ohren leicht nach hinten gelegt, er schleckt sich über die Nase und gähnt – Stress- und Beschwichtigungssignale. Komme ich ihm mit einem Leckerli in der Hand näher zucken die Lefzen und ein leises Knurren ist zu hören.

All diese Signale dienen dem Hund als Kommunikationsmittel. Bis zum Knurren bedienen sich Hunde jedoch zahlreicher körpersprachlicher Mittel, die ausdrücken sollen "Geh weg, ich mag das nicht." oder "das ist unangenehm für mich". Wir Menschen müssen diese oft sehr subtilen Signale erkennen, um dem Hund Verständnis entgegen bringen zu können. Nur so können Stress, unangenehme Situationen oder im schlimmsten Fall Beißvörfalle verhindert werden.

Knurren ist Kommunikation und zeigt, dass der Mensch die vielen kleinen Signale nicht erkannt hat, die dem Knurren vorausgegangen sind.

Niemals sollte ein Hund fürs Knurren bestraft werden. Eine unangenehme Konsequenz ("NEIN"! AUS!" etc...)  bringt den Hund lediglich zur Lernerfahrung, dass er durch das Knurren nicht den Abstand bekommt, den er braucht bzw. vom Menschen nicht richtig gedeutet wurde. Daher muss er auf extremere Kommunikationsmittel (Schnappen, Beißen) zurückgreifen. Der Hund wird sich in Zukunft so evtl. gar nicht mehr dem milderen Kommunikationsmittel "Knurren" bedienen sondern gleich anderer, deutlicherer Verhaltensweisen.

Statt zu bestrafen, sollten wir unserem Hund einerseits sagen "Ich verstehe dich", indem die für den Hund unangenehme Situation beendet wird. Außerdem sollten wir dafür sorgen, dass die entsprechenden Situationen langsam und schrittweise, durch positive Verstärkung,  Gegenkonditionierung bzw. Desensibilisierung zu etwas Neutralem, "Nicht-Unangenehmem" und vielleicht sogar etwas Positivem werden können.

Reiz > Emotion > Verhalten

Den Reiz können wir oft nicht beeinflussen (außer wir selbst sind Verursacher), aber die Emotionen, die der Hund damit verknüpft und somit auch das daraufhin gezeigte Verhalten sehrwohl."